Mancherorts ist es bereits so weit, in höher gelegeneren Regionen geht es auch bald los: Die Almsaison startet. Für viele Landwirte und ihre Tiere ist das nicht nur ein saisonaler Wechsel – es ist eine Rückkehr zu einer jahrhundertealten Tradition, tief verwurzelt im bäuerlichen Jahreslauf. Eine Frage stellt sich der eine oder andere wohl jedes Jahr aufs Neue: Wer freut sich eigentlich mehr auf den Almsommer – die Tiere oder der Bauer und die Bäuerin?
Sommerfrische in luftiger Höhe
Für die Tiere der Familie Bernadette und Michael Eberl aus Finkenberg im Zillertal geht es schon bald wieder Richtung Elsalm. „Für unsere Kühe ist die Almzeit ein wahres Fest der Sinne. Statt Stallluft und lästigen Insekten gibt es kühle Höhenluft und kräuterreiche Almwiesen. Das vielfältige Futterangebot mit wilden Kräutern, Gräsern und Alpenblumen sorgt nicht nur für eine bessere Tiergesundheit, sondern auch für besonders aromatische Milch mit wertvollen Inhaltsstoffen“, so Bernadette Eberl. Wenig verwunderlich also, dass sich sowohl die Tiere als auch deren Besitzer über den Tapetenwechsel freuen. Die viele Bewegung und das natürliche Sozialverhalten in der Herde machen aus der Almzeit eine wertvolle Sommerfrische für Wiederkäuer. Gleichzeitig wird durch den Aufenthalt auf der Alm die Gesundheit der Tiere gesteigert. Die Wetterumschwünge stärken das Immunsystem, durch den weitläufigen Auslauf wird der Bewegungsapparat trainiert und die unterschiedlichen Böden und Geländestrukturen sorgen für eine erhöhte Durchblutung der Klauenlederhaut.
Entlastung und Herausforderung
Auch für die Bauersleute bringt die Almzeit Veränderung. Die Stallarbeit im Tal wird weniger, die Tiere sind gut versorgt und die hofeigenen Wiesen im Tal können für Heu- und Silagewerbung genutzt werden. „Das Bild der Almidylle stimmt allerdings nur bedingt“, gibt Bernadette Eberl zu bedenken: „Je nach Region bringt die Almwirtschaft einen erhöhten Arbeitsaufwand mit sich. Auch bei schlechtem Wetter muss man auf der Alm nach draußen – sei es beim Viehtrieb, bei der täglichen Kontrolle der Herde oder bei der Instandhaltung der Hütte.“ Das Leben auf der Alm verlange „Einsatz, Erfahrung und ein gutes Gespür für Tier und Natur“. Im Fall der Eberls ist in der Almhütte weder Strom noch fließendes Wasser vorhanden. „Das mag für ein paar Tage ganz romantisch sein, stellt aber auf Dauer eine Herausforderung dar“, so die Jungbäuerin.
Trotz allem schätzt sie das Almleben sehr und nutzt so manchen Tag im Sommer, um auf der Alm dem Alltag im Tal zu entfliehen. Dabei trifft sie auch immer wieder auf Wanderer, die Almen nach wie vor mit einem Streichelzoo verwechseln. „In diesem Bereich ist noch immer Bewusstseinsbildung notwendig“, so Eberl.
Generell wäre es wichtig, immer wieder darauf hinzuweisen, dass Almen für Urlauber natürlich als Ort der Entspannung gesehen werden, wo man „seinen Akku auflädt“ und eine Auszeit genießt. „Für uns ist die Alm aber vor allem ein unverzichtbarer Lebensraum für unsere Tiere, die dort oben nicht nur Urlaub machen, sondern gleichzeitig die Kulturlandschaft pflegen.“
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- Auf der Alm: Eberl