
Erst die finale Absenkung des Schutzstatus in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und dann ein EuGH-Urteil, welches am Beispiel Estland eine deutlich flexiblere Auslegung des „günstigen Erhaltungszustandes“ ermöglicht. „Es kommt Bewegung in die Möglichkeiten der Wolfsregulierung“, so LK-Österreich-Präsident Josef Moosbrugger.
Er sieht im jüngsten Beschluss des Höchstgerichts eine langjährige Forderung der Bauernvertreter bestätigt: „Auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Aspekte müssen miteinbezogen werden.“ Künftig dürfte auch hierzulande eine Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht der Bundesländer folgen. „Das ist keine Verpflichtung, aber eine Möglichkeit“, weiß Roland Norer. Der Professor für Öffentliches Recht hat sich auf die Wolfsthematik spezialisiert. „Die Landesbehörden können nun Parameter wie Akzeptanz in der Bevölkerung, Erhalt der Almwirtschaft und ökonomische Gesichtspunkte genauso berücksichtigen wie Verhältnismäßigkeit von Herdenschutz und Eignung des Kulturraums“, so Norer.
Laut dem Schweizer Wildtierbiologen Marcel Züger ist der günstige Erhaltungszustand europaweit bereits mehr als erreicht. Züger: „Meist wird europaweit eine Anzahl von 23.000 Wölfen genannt. Dieser Bestand bezieht sich jedoch auf die EU-Staaten plus Schweiz und Balkan. Der Kontinent Europa bis zum Ural beherbergt aber rund 60.000 Exemplare.“ Die Population sei durch nachgewiesene Wanderbewegungen bestens vernetzt. Von einer Gefährdung könne entsprechend keine Rede sein, was sich nun auch in Regulierungsmaßnahmen widerspiegeln müsse. Norer pflichtet bei: „Wo flächenmäßig kein günstiger Erhaltungsszustand erreichbar ist, sollen laut EuGH auch die Populationen in den Nachbarländern mitberücksichtigt werden.“ LK-Chef Moosbrugger sieht in den Beschlüssen der vergangenen Tage den hierzulande eingeschlagenen Weg bestätigt: „Darauf aufbauend können jetzt Managementpläne entwickelt werden.“
Buchtipp: Wölfe schaden der Biodiversität
Der Schweizer Wildtierbiologie Marcel Züger befasst sich seit Jahren mit der Verbreitung des Wolfs im Alpenraum. In seinem neu erschienen Buch „Mensch, Wolf!“ beleuchtet er die Thematik aus einem völlig neuen Blickwinkel. In drei Überkapiteln zu je 100 Seiten legt Züger in einfacher Sprache dar, welche Auswirkungen der Wolf auf die Artenvielfalt im Alpenraum hat. So seien durch seine Anwesenheit etwa seltene Pflanzenarten indirekt gefährdet, nämlich dann, wenn die Almen, wo sie vorkommen, nicht länger bestoßen werden. Zügers Buch gibt Bergbauern und Jägern in der Diskussion über die Wolfsproblematik insofern ein völlig neues Argumentarium an die Hand und liefert lebensnahe Beispiele aus der Praxis.
Mensch, Wolf! von Marcel Züger, Somedia Buchverlag, 300 Seiten, 39 Euro, ISBN 978-3-907095-96-6
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