Ein langer Weg zu mehr Transparenz

Herkunftskennzeichnung: Für die einen die einzige Hoffnung auf einen gesicherten Absatz und bessere Einkünfte, für die anderen die Angst vor erhöhten Aufwendungen in der Produktion sowie Gastronomie. Ist die Thematik im Lebensmittelhandel bereits seit Jahren von immer größerer Bedeutung, so herrscht in der Verpflegung und Gastronomie noch so mancher Vorbehalt.

Im Vergleich zu anderen EU-Ländern gibt es hierzulande bereits viele Initiativen für die Lebensmittelherkunftskennzeichnung in der Gastronomie.

„Ganze 86 Prozent der Bevölkerung legen großen Wert auf die Herkunft von Lebensmitteln. Heimische Bäuerinnen und Bauern können von einer klaren Kennzeichnung daher nur profitieren“, betont Bauernbunddirektor Wolfgang Wallner.

Geschichte der Kennzeichnung

Seit 1. April 2015 muss in Österreich, neben der bereits bestehenden verpflichtenden Kennzeichnung der Herkunft von Rindfleisch, auch bei verpacktem frischen Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch die Herkunft auf dem Etikett angegeben werden. Für unverpacktes oder verarbeitetes Fleisch gilt diese Regelung jedoch nicht. Im Jahr 2018 folgte eine Änderung des Bundesvergabegesetzes, die es ermöglichte Best- vor Billigstbieter zum Zug kommen zu lassen. Dies bedeutet, dass der Auftraggeber (öffentliche Hand) neben dem Preis auch weitere Kriterien – wie zum Beispiel die Qualität – für die Angebotsbewertung heranziehen kann. Im Jahr 2020 wurde die Primärzutatenverordnung, im Juni 2021 der „Aktionsplan Nachhaltige Beschaffung“ beschlossen.

Herkunft transparent machen

Ziel laut Regierungsprogramm ist die 100-prozentige regionale und saisonale öffentliche Beschaffung bei Lebensmitteln mit Erhöhung des Bio-Anteils. Für den Bund sind mit dem Aktionsplan somit die notwendigen Weichen gestellt. Hierzulande konnte der Bauernbund das Thema Herkunftskennzeichnung erstmals im Regierungsprogramm 2020 bis 2024 verankern. Beim Treffen der EU-Agrarminister in Brüssel im heurigen Frühjahr wurde der von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger gemeinsam mit dem deutschen Amtskollegen Cem Özdemir eingebrachte Vorschlag einer verpflichtenden EU-weiten Herkunftskennzeichnung von mehr als der Hälfte der Mitgliedsstaaten unterstützt. Die Kommission hat bis Ende 2022 einen Vorschlag zur Herkunftskennzeichnung angekündigt.

Offene Punkte in Gastronomie

„Ich bin dafür nicht übereinander, sondern miteinander zu reden“, stellt Bauernbund-Landesobfrau und Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger klar. Die offenen Punkte seien gemeinsam zu verhandeln und der Konsumentenwille bestmöglich umzusetzen. „Wir haben in Österreich bereits über 1300 AMA-Gütesiegel-Wirte, in Oberösterreich zusätzlich zahlreiche Genusslandwirte und viele weitere Initiativen der Gastronomie. Das muss auch einmal erwähnt werden“, betont Langer-Weninger.
Der Blick über die Landesgrenzen zeigt zudem, dass Österreich auch in diesem Bereich EU-weit Vorbild ist. „Mit Ausnahme der Schweiz und ein paar Initiativen Frankreichs wird nirgends so viel Regionalität in der Gastronomie gekennzeichnet wie in Österreichs Gasthäusern“, zeigt Langer-Weninger auf, die zudem auch auf die Wertschöpfung hinweist. „Höherwertige regionale Produkte müssen auch ihren Preis haben dürfen. Ansonsten kommt bei den heimischen Bauern nichts mehr in der Geldbörse an“, so die Bauernbund-Landesobfrau. Der Bauernbund hat daher bereits zahlreiche Gespräche geführt, und mit den Umstellungen auf regionale Lebensmittel in der Gastronomie von XXXLutz, Interspar und Metro bereits positive Beispiele erreicht. „Diese positiven Ansätze gehören lobend vor den Vorhang geholt. Denn es reicht nicht zu fordern, wir müssen auch verhandeln und umsetzen“, erklärt Langer-Weninger weiters.

Andere Länder im Vergleich

Die Schweiz gilt als Pionier- und Herzeigeland, wenn es um die Kennzeichnung geht. Die Initiativen für eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung in der Schweiz reichen bis in die 1990er-Jahre zurück. Heute müssen Schweizer Restaurants und Kantinen – bei sogenannten offen in den Verkehr gebrachten Lebensmitteln – unter anderem die Herkunft von Fleisch und Fisch schriftlich angeben. Wie die Gastronomen diese Informationen darstellen, können diese selbst entscheiden. Häufig werden die Informationen jedoch in der Speisekarte angeführt.
Frankreich schreibt die Kennzeichnung im Außer-Haus-Verzehr sowohl für frisches als auch gefrorenes und verarbeitetes Fleisch vor. Die Regelungen sind oftmals zeitlich begrenzt, so gilt die aktuelle bis zum Jahr 2024. Laut Gesetzestext kommt es darauf an, dass die Verbraucher die Herkunftsinformationen „in lesbarer und sichtbarer Weise“ durch entsprechende Hinweise auf Speisekarten oder auf einem anderen Medium zur Kenntnis nehmen können. Länder wie Italien oder Finnland haben der EU-Kommission nationale Gesetze zur Herkunftskennzeichnung vorgelegt, die meist zeitlich begrenzt – befristet auf zwei Jahre – genehmigt wurden.
In vielen anderen EU-Ländern ist eine Kennzeichnung meist nicht vorhanden und wird auch nicht diskutiert. Ein Grund mehr, warum eine einheitliche europäische Basis von größter Bedeutung ist. „Auf einer einheitlichen europäischen Basis kann jedes Land aufbauen und seine eigenen Schwerpunkte definieren“, betont Wallner.
Hierzulande kämpfe der Bauernbund jedenfalls weiterhin für eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Produkte in Gastronomie sowie Großküchen. Diese werde durch Aktivitäten der öffentlichen Hand und gezielten Initiativen der Gastronomie unterstützt, gefördert und vorangetrieben.

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  • Regionales Schnitzel: Foto: Brent Hofacker, twixx - stock.adobe.com
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