Diplomarbeit zur Rolle der Tiroler Bäuerinnen

In der Gesellschaft ist die Rolle der selbstständigen Tiroler Bäuerin schon seit vielen Jahrzehnten ein aktuelles Thema. Vor allem durch die Industrialisierung hat sich die Arbeit unserer Bäuerinnen in den letzten 50 Jahren sehr verändert. Zwei Schülerinnen der HBLFA Tirol haben die sich wandelnde Rolle der Bäuerin im Rahmen ihrer Diplomarbeit näher betrachtet.

V. l. n. r. Betreuerin Mag.a Kathrin Zauner, Schülerin Bernadette Brugger, Schülerin Hannah Marksteiner, Betreuer MMag. Thomas Pattinger, Bezirksbäuerin von Schwaz Monika Garber

Bernadette Brugger und Hanna Marksteiner, beide sehr engagierte Tiroler Jungbäuerinnen und Schülerinnen der HBLFA Tirol, haben genau dieses Thema für ihre Diplomarbeit aufgegriffen. Grundlage ihrer Arbeit bildeten zwei Fragebögen rund um das Leben der Bäuerin, bei denen 259 Jungbäuerinnen und 86 Altbäuerinnen aus allen Tiroler Bezirken teilgenommen haben. Mag.a Kathrin Zauner und MMag. Thomas Pattinger betreuten diese Diplomarbeit.

Soziale Situation

Die Arbeit der Bäuerin umfasst viele Bereiche, sei es die Garten- oder Feldarbeit, das Erziehen der Kinder, die Versorgung der Tiere oder die Hausarbeit. Früher war die Bäuerin die rechte Hand des Bauern und hatte bei Entscheidungen meist nicht viel zu sagen, doch im Laufe der Zeit wurde sie besonders auf finanzieller Ebene immer weniger von ihrem Mann abhängig. Dadurch war die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen oder eine Ausbildung zu absolvieren, immer häufiger gegeben und den Bäuerinnen wurde somit die Weiterbildung ermöglicht.

Schwabenkinder

Aufgrund finanzieller Probleme war das Versorgen aller Familienmitglieder in den bäuerlichen Großfamilien oftmals unmöglich. Um diese Armutssituation zu bewältigen, war es für viele die einzige Lösung, die Kinder zum Arbeiten und Geldverdienen auf andere Höfe zu schicken. Die sogenannten „Schwabenkinder“ mussten oftmals unmenschliche Situationen durchstehen. Manchmal waren diese Umstände so brutal, dass sie zum Tod der Kinder führten. Auch das Leben der zurückgelassenen Kinder auf den heimischen Höfen hatte viele Schattenseiten. Da häufig junge Burschen ins Schwabenland gehen mussten, waren die Mädchen dazu verpflichtet, die vielseitige und meist schwere Arbeit, welche normalerweise von den Buben verrichtet wurde, zu bewältigen. Das Heuen und das Ausbringen des Mists auf dem Feld ist nur ein kleiner Teil der körperlich schweren Arbeiten, die Mädchen und Bäuerinnen meistern mussten. Zusätzlich mussten sie noch alle Arbeiten rund um den Haushalt erledigen.

Schule und Weiterbildung

Schon in den Nachkriegsjahren des Ersten Weltkriegs erkannte man, dass Bildung der Schlüssel zum Erfolg ist. Aus diesem Grund wurde bereits im Jahr 1921 die erste landwirtschaftliche Berufsschule in Imst errichtet. In den folgenden Jahren folgte der Bau solcher Schulen in weiteren Bezirken. Sofern kein anderer Beruf erlernt wurde, war der Besuch dieser Schulen für Mädchen und Buben verpflichtend.

Verschiedene Weiterbildungsmöglichkeiten für Bäuerinnen bringen mehrere positive Auswirkungen für einen landwirtschaftlichen Betrieb mit sich. Durch die immer wieder vorkommenden finanziellen Unsicherheiten ist es von Vorteil, einen Betrieb auf mehreren Standbeinen aufzubauen. Schule am Bauernhof, Urlaub am Bauernhof, Zimmervermietung und die Direktvermarktung sind wichtige Einkommensquellen, die in vielen bäuerliche Familien in der heutigen Zeit nicht mehr wegzudenken sind.

Unterschiede zwischen den Generationen

Eine Frage, die den Tiroler Bäuerinnen gestellt wurde, war, was sie an ihrem Beruf als Nachteil betrachten. Bei diesem Aspekt waren die verschiedenen Generationen nicht einer Meinung. Viele Altbäuerinnen bemängelten die schwere körperliche Arbeit, die allgemeine Arbeitsbelastung und zum Teil auch die mangelnde Freizeit. Jungbäuerinnen hingegen gaben an, dass sie die eingeschränkten Urlaubsmöglichkeiten, die Einkommenssituation und die mangelnde Freizeit an ihrem Beruf negativ sehen würden.

Daten und Fakten

Die Zahl der von Frauen geführten landwirtschaftlichen Betriebe ist in letzter Zeit deutlich angestiegen. Österreichweit werden 28 Prozent aller Bauernhöfe von Bäuerinnen geführt, das entspricht rund 28 000 Betrieben. Im Jahr 2016 erreichte Österreich EU-weit mit 31 Prozent von Frauen geleiteten Betrieben den sechsten Platz.

Im Gegensatz zu früher werden heutzutage immer mehr Betriebe im Nebenerwerb geführt. Dadurch ist es häufiger der Fall, dass die junge Generation nebenbei in einem anderen Berufsfeld tätig ist.

Quelle: Privat
Hannah Marksteiner und Bernadette Brugger mit ihrer fertigen Diplomarbeit.

Erkenntnisse

Bis vor wenigen Jahrzehnten wurde die Arbeit der Bauern und Bäuerinnen nur sehr wenig wertgeschätzt. Durch ihr Engagement und ihren Einsatz in vielen Bereichen trugen die Bäuerinnen dazu bei, dass die landwirtschaftliche Arbeit von der Gesellschaft ein besseres Ansehen erreichte. Trotz vieler Veränderungen in den Bereichen Technik und Gesellschaftsleben ist eines immer gleich geblieben: Die Bäuerinnen spielen eine wichtige Rolle in unserem Land.

- Bildquellen -

  • Hannah Marksteiner und Bernadette Brugger mit Ihrer fertigen Diplomarbeit: Privat
  • V. l. n. r. Betreuerin Mag.a Kathrin Zauner, Schülerin Bernadette Brugger, Schülerin Hannah Marksteiner, Betreuer MMag. Thomas Pattinger, Bezirksbäuerin Von Schwaz Monika Garber: HBLFA Tirol
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