Die Sorgfaltspflicht eines Parteienvertreters

Auch die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwaltes in seiner Beratungstätigkeit hat ihre Grenzen. ©Wodicka
Auch die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwaltes in seiner Beratungstätigkeit hat ihre Grenzen. ©Wodicka
Nichtsdestotrotz ist ein Rechtsanwalt aber verpflichtet, die Rechte seiner Partei mit Gewissenhaftigkeit zu vertreten und das ihm durch den Bevollmächtigungsvertrag übertragene Geschäft umsichtig zu besorgen. Im Besonderen treffen ihn Warn-, Aufklärungs-, Informationspflichten sowie allgemein die Verpflichtung zur Wahrung der Interessen seines Mandanten.
Sinn und Zweck des Vertrages zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten liegt darin, diesem zur bestmöglichen Rechtsdurchsetzung zu verhelfen und den Mandanten darüber hinaus vor Nachteilen zu bewahren. Dieser Schutzzweck erschöpft   sich aber im Zusammenhang mit der Einleitung und der Führung eines Rechtsstreites nicht nur im Rechtsstreit selbst, sondern umfasst auch die Vermeidung von Nachteilen, die vorhersehbar mit der Führung und insbesondere mit dem Verlust des Prozesses verbunden sein können.
Der Anwalt muss nicht für eine irrige, jedoch vertretbare Gesetzesauslegung einstehen, haftet aber für Unkenntnis der Gesetze sowie der einhelligen Lehre und Rechtsprechung. Er ist jedenfalls verpflichtet, seinen Mandanten aufzuklären, wenn eine Prozessführung von vornherein aussichtslos erscheint.
Im gegenständlichen Fall gelangte der OGH im Vorverfahren nach Auseinandersetzung mit den einzelnen Anspruchsgrundlagen zu dem Ergebnis, dass keine ein entsprechendes zum positiven Ausgang des Rechtsstreites unbedingt erforderliches Begehren trägt. Die Auffassung des Berufungsgerichtes, dass dies “Resultat eines jedem Gerichtsverfahren immanenten Prozessrisikos” sei, verharmlost das Scheitern im Vorverfahren und missversteht die Entscheidung des OGH im Vorverfahren. Die rechtliche Beurteilung durch den Parteienvertreter im Vorverfahren, ein Prozessverlust sei bei den seinerseits gewählten Klagebegehren und Anspruchsgrundlagen unwahrscheinlich, war nicht gerechtfertigt und lief den gegenüber seinem Mandanten gegebenen Warn-, Aufklärungs- und Informationspflichten zuwider. Die Einbringung der Klage im Vorverfahren war daher von Anfang an zum Scheitern verurteilt, sodass eine Haftung des Parteienvertreters nach den vorhergehenden Ausführungen zu bejahen war.
(OGH 29.07.2015; 9Ob 15/15v)
Mag. Walter Perkhofer, Bauernbundjurist, Innsbruck

- Werbung -
Vorheriger ArtikelBodenverbauung: Land ohne Äcker – zukunftslos
Nächster ArtikelAmtliches Kursblatt der Börse für landwirtschaftliche Produkte in Wien, Nr. 17/27. April 2016