Liberale und Volksparteien ziehen aus dem Ukraine-Krieg völlig andere agrarpolitische Schlussfolgerungen als etwa die Grünen. Zuletzt ist im Nachbarland Deutschland ein koalitionärer Zwist um die künftige Nutzung der Bracheflächen ausgebrochen. Der erste, erwartbare politische Zwist zwischen den Koalitionsparteien FDP und Grünen. Während die stellvertretende Vorsitzende der FDP, Carina Konrad, gegenüber dem Pressedienst Agra-Europe für die Bewirtschaftung der Bracheflächen ist „unsere guten Böden und die Produktion noch weiter stillzulegen und zu extensiveren, ist ein fataler Irrweg“ und „Produktionshemmnisse“ abbauen will, scheint der Agrarminister, Cem Özdemir (Grüne), einen anderen Zugang zu wählen.

Bracheflächen nur für Futternutzung
Die ökologischen Vorrangflächen werden in Deutschland eben nicht gänzlich zur Bewirtschaftung freigegeben, wie es in Österreich der Fall ist. Lediglich eine Futternutzung und vorgezogene Beweidung wird in diesem Jahr zur Entlastung der Agrarmärkte erlaubt sein. Die Möglichkeit zur Bewirtschaftung hat die EU-Kommission Ende März im europäischen Recht geschaffen. Deutschland macht davon aber keinen Gebrauch. Das steht nun nach einem politischen Zwist, unter anderem zwischen Ländern und Bund, fest.

Zusätzliche 4 Millionen Hektar
Hintergrund der von der EU-Kommission erlaubten Lockerung der Bracheregeln sind die Versorgungsengpässe wegen des Ukraine-Krieges. Mit der Freigabe der Bewirtschaftung von rund 4 Mio. ha in der EU will die Kommission dazu beitragen, die Futtermittelmärkte zu entspannen. Anders als in Deutschland fallen die Reaktionen in Österreich und Italien aus. Hier wird der Vorschlag der EU-Kommission begrüßt.
Simone Schmiedtbauer, Agrarsprecherin der ÖVP im EU-Parlament, und Herbert Dorfmann, EU-Abgeordneter der Südtiroler Volkspartei und Agrarsprecher der EVP-Fraktion, wollen „so viele Lebensmittel anbauen, wie wir können und dass unsere Landwirte alle Möglichkeiten und Mittel dazu haben – jeder Hektar zählt“. Schließlich gehören die Kriegsrivalen Ukraine und Russland weltweit zu den führenden Lieferanten von Agrarrohstoffen, deren Lieferungen jetzt ausblieben und die Engpässe in manchen Ländern bereits in den Supermarktregalen zu sehen seien. Die beiden EU-Parlamentarier begrüßen das rasche Handeln der EU-Kommission: „Unser erster Erfolg ist die Freigabe von ökologischen Vorrangflächen für den Anbau jeglicher Kulturen mit Pflanzenschutzmitteleinsatz im Jahr 2022. So können etwa die Erträge des Eiweißpflanzenanbaus auf diesen Flächen gesteigert werden.“ Die EU-Kommission sei jetzt gefordert, auch eine vorübergehende Aussetzung der Stilllegungsverpflichtungen, die in der neuen GAP ab 2023 vorgesehen sind, zu prüfen. Die diesjährige Ausnahme werde nicht reichen.

9.000 Hektar in Österreich
„Jeder Hektar den wir in Europa in Bewirtschaftung bringen, auch der österreichische Beitrag, hilft“, sagt Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger. In Österreich können heuer rund 9.000 ha Bracheflächen zusätzlich beweidet, gemäht oder für den Anbau genutzt werden. Dazu wurde die nationale Direktzahlungs-Verordnung abgeändert. Für Biodiversitätsflächen (im ÖPUL) gilt diese Regelung nicht. 45.000 ha Acker bleiben weiterhin als Flächen mit besonders positiver Umweltwirkung erhalten.

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AUTORRed. SN
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