Zu Beginn eine kurze Rückblende: Im Juli hatte ein Werbe-Spot von Ja!Natürlich Bäuerinnen und Bauern ordentlich verärgert. Dieser suggerierte nämlich, dass nur im Bio-Boden Regenwürmer vorkommen, nicht aber im konventionellen. Findige Jungbauern in Oberösterreich drehten daraufhin einen gelungenen und erfolgreichen Antwortspot, der beiden Landwirtschaftsformen einen lebhaften Boden zuschreibt. Bauernbund-Präsident Georg Strasser suchte derweil den Dialog mit Ja!Natürlich-Geschäftsführer Andreas Steidl. Protest und Dialog zeigten Wirkungen: Der Spot wurde rasch adaptiert und neu ausgestrahlt.

„Da braucht es Empörung“

Auch in der  Diskussionsrunde vergangenen Mittwoch bekräftigen die jungen Landwirtinnen und Landwirte noch einmal, dass sie vor allem das „Schlechtmachen der konventionellen Landwirtschaft“ massiv gestört hatte. Matthias Gaißberger, Mitinitiator des „Antwortspots“, kritisierte die „bewusste Provokation und vergleichende Werbung“ des Ja!Natürlich-Spots und zitierte aus dem Werberat, wonach „keine Darstellungen erfolgen sollen, die verschiedene Produkte in Bezug auf ihre Umweltauswirkungen vergleichen“.

Ja!Natürlich-Geschäftsführer Andreas Steidl zeigte Verständnis für die Reaktion der Jungbauern: „Wir haben gesehen, dass wir in dem Spot zuweit gegangen sind. Deshalb haben wir den Spot sehr rasch adaptiert.“ Steidl bemerkte auch, dass die Beschwerden nur von bäuerlicher Seite gekommen seien, was wiederum zeigt, wie unterschiedlich die Sichtweisen und die Sensibilität verschiedener Bevölkerungsgruppen sind. Generell zur Werbung merkte Steidl aber an, dass diese überzeichnen müsse. „Werbung darf beim Kunden nicht schulmeisterlich ankommen. Das Schweinderl darf auch frech sein. Werbung, die nicht überzeichnet, geht unter“, so Steidl.  Und wenn Werbung „reibt“ bzw. „provoziert“, dann präge sich diese auch stärker ein. Der Erfolg komme schließlich aus der Reaktion des Kunden.

“Werbung, die nicht
überzeichnet, geht unter.”

Mit dieser Argumentation war BB-Präsident Georg Strasser einverstanden, ohne aber das Unternehmen aus der Verantwortung zu entlassen. „Werbung braucht Fiktion, sonst interessiert sie niemanden“, so Strasser. Das sei auch in der Bauernschaft oft umstritten. Beim besprochenen Werbespot habe ihn aber vor allem aufgeregt, „dass Fakten rund um den Boden verdreht wurden“. „Da braucht es die Empörung und die hat man ja auch sehr deutlich wahrgenommen”, so Strasser.

Dass Werbung nie ein realistisches Bild sein könne, war auch für die Jugendlichen ein vertretbares Argument. Sie pochten aber dennoch stark auf die „Riesenverantwortung“, die der Handel gerade im Bereich der Lebensmittel habe und stärker wahrnehmen müsse. Zu dieser bekannte sich Steidl dann auch und gab den Jugendlichen mit auf den Weg, dass sie sich bei Beschwerden auch direkt an das Unternehmen wenden können und sollen.

Matthias Gaißberger (2.v.l.) erläuterte die Beweggründe hinter dem “Antwortspot”. Ja!NAtürlich-Geschäftsführer Andreas STeidl (r.) und BB-Präsident Georg Strasser (3.v.r.) stellten sich der Diskussion. BZ OÖ-Redaktionsleiterin Anni Pichler moderierte die Diskussion.

Der Handel als Feindbild?

Quelle: BB
Die Jungbauern diskutierten rege mit.

Angesprochen wurde in dem Zusammenhang von den Jugendlichen auch die Marktmacht des Handels, bei der die „Landwirte eher auf der Strecke bleiben“. So betonte ein Jungbauer: „Es kann nicht sein, dass auf der einen Seite mit der heilen Landwirtschaft geworben wird und auf der anderen Seite ´3+1´-Gratisaktionen gemacht werden.“ Christian Lang kritisierte, dass mit Billig-Eigenmarken oft der Preis für die Bauern gedrückt werde. Zu letzterem merkte Steidl an, dass darin zumindest österreichische Produkte zu finden wären. „Noch billiger könnten wir es oft aus dem Ausland bekommen. Wir bemühen uns aber, vor allem österreichische Ware zu verwenden“, so Steidl. Zudem müsse jedes Unternehmen seine wirtschaftlichen Ziele – auch im Vergleich mit dem Mitbewerb – erzielen. Und man dürfe den Handel in seinem Einfluss auf die Preiskalkulation auch nicht überschätzen.

“Bei dieser Marktmacht des Handels bleiben die Landwirte auf der Strecke.”

Georg Strasser übte sich in der Vermittlerrolle: „Der Handel ist nicht die große böse Macht, als die er oft dargestellt wird.“  Strasser will den Handel nicht weiter als Feindbild der Bäuerinnen und Bauern projizieren, sondern vielmehr eine Partnerschaft aufbauen, weil nur im Zusammenspiel etwas Positives erreicht werden könne. In der Diskussion um Erzeugerpreise dürfe man sich auch nicht nur auf „die Märkte ausreden, die nur von Angebot und Nachfrage bestimmt sind“, meinte Strasser. „Märkte sind beeinflussbar“, so der Präsident. Zum einen gelte es, in der Gesetzgebung etwa bei unlauteren Geschäftspraktiken nachzuschärfen. Zum anderen müsse aber auch die Bauernschaft ihre Interessen bündeln. „Einzelne Betriebskonzepte müssen zu branchenübergreifenden Konzepten werden. Dann können wir als Bauern stärker auftreten.“

 Bio ist gut, Konventionell ist schlecht?

Unweigerlich kam bei der Diskussionsrunde auch das Match Bio versus Konventionell zur Sprache. Wurde man als Biobauer in den Anfangsjahren als Außenseiter abgetan, hat sich mittlerweile fast eine Imageumkehr ergeben. „Konventionell“ sei in den Köpfen der Konsumenten vielfach bereits negativ verhaftet und die Werbung verstärke dies auch noch, kritisierten die Jugendlichen. „Da wird Angstmache betrieben und zurück bleibt, dass konventionelle Landwirtschaft schlechter ist“, sagte etwa eine Jungbäuerin in der Diskussionsrunde. Die jungen Bauern haben deshalb in ihrem Film auf das Wort „konventionell“ verzichtet und stattdessen Bio bzw. „Nicht Bio“ verwendet.

Georg Strasser sieht hier weniger das Problem in der Werbung als vielmehr im gesellschaftlichen Diskurs. „Die NGOs, manche Lehrer in den Schulen oder die Opposition im Parlament“ nannte Strasser Beispiele, würden „Bio als das Heil der Welt darstellen“ und damit die konventionelle Landwirtschaft verunglimpfen. „Das tut uns wirklich weh“, so Strasser. Um dem entgegenzutreten brauche es, wie schon oft vorgebracht, die realistische Darstellung der Landwirtschaft und zwar vor allem in Schulen. „Wir müssen mit den Themen in die Lehrpläne hineinkommen. Damit Ernährungs- und Landwirtschaftsbildung selbstverständlich wird.“, so Strasser.

 

 

 

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  • DSC 5457: BB
  • Diskussion: BZ/Pichler
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AUTORAnni Pichler
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