Das Potenzial unserer Wälder mobilisieren

Interview mit Andrä Rupprechter

Die generelle Öffnung der Forststraßen für Mountainbiker steht für Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter nicht mehr zur Debatte:
Die generelle Öffnung der Forststraßen für Mountainbiker steht für Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter nicht mehr zur Debatte: “Diese Entscheidung ist gefallen: Die generelle Öffnung wird nicht kommen.” ©BMLFUW/Christopher Fuchs
Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter möchte die hei-mischen Wälder klimafit machen. Was es dazu von der Politik bedarf und was jeder einzelne Waldbewirtschafter beitragen kann, das erklärt Rupprechter im Interview mit der BauernZeitung.

Der Wald ist schwer vom Klimawandel betroffen und liefert gleichzeitig Lösungen, um den Klimawandel zu bekämpfen. Wie ist der derzeitige Zustand der österreichischen Wälder?
RUPPRECHTER: Wir wollen unseren Wald klimafit machen. Das ist Teil der Klimawandelanpassungsstrategie. Der beste Ansatz dafür ist es, die nachhaltige Waldbewirtschaftung voranzutreiben, um auch das Potenzial unserer Wälder zu mobilisieren. Seit den 1970er-Jahren ist unser Holzvorrat um ein Drittel angestiegen und wird derzeit auf eine Milliarde Vorratsfestmeter geschätzt. Gerade durch eine nachhaltige Waldbewirtschaftung kann man auch dem Klimawandel begegnen. Der Wald ist zugleich die größte CO2-Senke. Das heißt, er speichert mehr Kohlenstoff, als er abgibt. Das darf man nicht vergessen. Zudem gehört auch die Abkehr von den Fichtenreinbeständen in Monokultur hin zu Mischwäldern zu dieser Anpassungsstrategie.

Was tut die Politik, um den Wald als Klimaschützer zu unterstützen?
RUPPRECHTER: Wir haben in einem breit angelegten Prozess und mit Zustimmung aller Parlamentsparteien die Waldstrategie 2020+ entwickelt. Darin sind eine Reihe von Maßnahmen vorgesehen, die die nachhaltige Bewirtschaftung forcieren sollen, wie bei- spielsweise das Borkenkäferbekämpfungsprogramm. Das Programm ist mit 21 Millionen Euro für die Förderperiode bis 2020 dotiert und ist sehr gut angekommen. Das Programm wirkt auch bereits.

Holzmobilisierung konnte deutlich gesteigert werden

Und wir haben auch einen steigenden Holzeinschlag. Die Holzmobilisierung liegt mit rund 18 Millionen Erntefestmetern deutlich über den 17 Millionen Erntefestmetern, die es in den vergangenen Jahren gegeben hat. Wir haben außerdem das Waldökologieprogramm und das Schutzwald-Sanierungsprogramm. Auch der Forst-Jagd-Dialog ist ein wichtiger Beitrag für die Waldstrategie. Ebenso wie die neue Kampagne: ‚Den Wald klimafit machen‘.

Wie kann ich selbst als Waldbewirtschafter dazu beitragen, meinen Wald klimafit zu machen?
RUPPRECHTER: Indem man erntet und regelmäßig bewirtschaftet, Holz ganz gezielt auf den Markt bringt. Was jeder Einzelne in seinem Wald außerdem dazu beitragen kann, ist bei den Baumarten bewusst auf Mischkulturarten zu setzen, wenn man wiederaufforstet. Ebenso sollte man bei der Herkunft auf die Genetik achten. Da gibt es gute Beratungsprogramme.

Gibt es im Bereich der forstlichen Forschung und Ausbildung bestimmte Initiativen?
RUPPRECHTER: Ein Ziel ist es, die Forschung für die Erhöhung der Widerstandskraft der Waldbestände zu verstärken. Wir arbeiten gemeinsam mit dem Bundesforschungszentrum für Wald, der Universität für Bodenkultur und dem Bundesumweltamt an der Forschung zur Klimawandelanpassung.

Gut die Hälfte des Waldes in Händen der Kleinbauern

Auch die Bezirksforst-Inspektionen und Bezirksbauernkammern sind da mit dabei, denn von den vier Millionen Hektar Wald in Österreich ist der größte Teil Bauernwald. Das heißt, mehr als 50 Prozent der heimischen Wälder sind in den Händen von Kleinbauern. Das sind Betriebe, die weniger als 200 Hektar groß sind. 22 Prozent machen Forstbetriebe aus, die größer als 200 Hektar sind. Zehn Prozent sind Gemeinschaftswald, 15 Prozent werden von den Österreichischen Bundesforsten bewirtschaftet, und der Rest teilt sich in Gemeinde- und Landeswald auf. Insgesamt sind fast 50 Prozent der gesamten Staatsfläche Österreichs mit Wald bedeckt. Mit dem Aufbau der Ausbildungsstätte in Traunkirchen schaffen wir bewusst ein Kompetenzzentrum für die forstliche Ausbildung. Dort werden die Standorte Waidhofen an der Ybbs und Ort zusammengezogen. Das wird auch gezielt ein Holzbau, um zu zeigen, dass wir nicht nur darüber reden, sondern ganz bewusst den Baustoff Holz forcieren. Das machen wir übrigens bei allen Schulneubauten.

Die Novelle zum Forstgesetz hätte noch heuer im Parlament beschlossen werden sollen. Naturschützer kritisierten einige Maßnahmen, beispielsweise, dass Waldflächen, die kleiner als 5000 Quadratmeter sind, nicht mehr als Wald gelten sollten und somit Rodungen ohne Erlaubnis möglich wären. Was geschieht nun mit der geplanten Novelle?
RUPPRECHTER: Wir haben uns vergangene Woche auf die Begutachtung der Verwaltungsreform geeinigt. Da mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass es mit unserem Koalitionspartner nicht machbar ist, diese Forstgesetz-Novelle umzusetzen. Deshalb haben wir diese Novelle aus dem Verwaltungsreform-Paket herausgenommen, um das Gesamtpaket nicht zu gefährden.

Das heißt, die Novelle wird heuer nicht mehr beschlossen?
RUPPRECHTER: Wir werden sie jetzt nicht in die Gesetzesvorlage aufnehmen. Wir werden sehen, ob es in den parlamentarischen Verhandlungen noch die Bereitschaft dazu gibt, da und dort Anpassungen vorzunehmen.

Was wollten Sie mit der Novelle zum Forstgesetz erreichen?
RUPPRECHTER: Uns wäre die Deregulierung wichtig, um weniger Bürokratie zu haben, ohne dass der Schutzbestand des Waldes beeinträchtigt wird.

Was sagen Sie zur Kritik der Naturschützer an der Novelle?
RUPPRECHTER: Nur, dass sie nicht gestimmt hätte. Es wäre darum gegangen, die Mindestgröße eines Waldes von 1000 auf 5000 Quadratmeter anzuheben, um ihm die Waldeigenschaft zuschreiben zu können. Darin einen massiven Eingriff in den Naturschutz zu sehen, ist übertrieben, weil die Naturschutzgesetzgebung ohnehin in Länderkompetenz ist. Deshalb konnte ich die Kritik nicht nachvollziehen. Das Gesetz hätte im Naturschutz nichts geändert, sondern eine Verwaltungsvereinfachung der Forstgesetzgebung gebracht. 

Verschiedene Interessen in Einklang bringen

Der Wald steht immer auch in einem Spannungsverhältnis zwischen Erholungsgebiet und Arbeitsstätte.
RUPPRECHTER: Der Wald ist ja auch ein sehr wichtiger Wirtschaftszweig. Wir importieren zwar auch Holz im Wert von 5,6 Milliarden Euro – exportieren aber Holz im Wert 9,5 Milliarden Euro. Das heißt, Forst-Holz-Papier ist ein starker Erfolgsfaktor, der auch zu einer positiven Handelsbilanz von mehr als 3,8 Milliarden Euro beiträgt. Das ist ein starker Wirtschaftssektor. Ziel ist es, die Interessen der Freizeitwirtschaft am Wald mit einer nachhaltigen, umweltgerechten, klimafreundlichen Wirtschaftsweise in Einklang zu bringen. Dieses Spannungsfeld aufzuheben, ist ein wichtiger Ansatz im Zusammenhang mit dem gesellschaftlichen Zusammenleben.

Sie haben die Freizeitwirtschaft im Wald erwähnt: Wann wird es eine Entscheidung darüber geben, ob die generelle Öffnung der Forststraßen für Mountainbiker kommt oder nicht?
RUPPRECHTER: Diese Entscheidung ist schon gefallen: Die Öffnung kommt mit mir als Bundesminister nicht.

Und darüber wird nicht mehr diskutiert?
RUPPRECHTER: Nein.

Interview: Eva Zitz

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