“Da wird ja miteinander geredet”

Vier Betriebe mit vier unterschiedlichen Erfolgswegen, die aber eines verbindet: Alle arbeiten direkt mit den Konsumenten zusammen. Das was sie machen, könnte man auch Öffentlichkeitsarbeit nennen. Eine Reportage über Bewusstseinsbildung in der Praxis.

Christine und Andreas Moser reden viel mit ihren
Christine und Andreas Moser reden viel mit ihren “Urlaub am Bauern-hof”-Gästen: “Im persönlichen Gespräch lässt sich vieles erklären.” ©BZ/Pichler

Und was machst du jetzt damit?”, fragt der “Urlaub am Bauern­hof”-Gast die Bäuerin, die gerade mit einem reifen Kürbis bei der Tür hereinkommt. “Zu Suppe verarbeiten”, antwortet sie etwas ungläubig. Der Gast ist überrascht, denn wirklich gerechnet hat er nicht damit, dass der Kürbis hier am Hof wächst. “Solche Erlebnisse passieren mir öfters”, erzählt Christine Moser aus Mitterkirchen. Gemeinsam mit ihrem Mann Andreas bewirtschaftet sie einen “Urlaub am Bauernhof”-Betrieb, zu dem auch ein Mostheuriger gehört. Die selbst gemachte Marmelade am Frühstückstisch, die eigene Herstellung von Most oder eben die kurzen Wege vom Feld in die Küche – das alles fasziniert die Urlauber.

“Darüber reden” hilft zu verstehen

Martina Auer-Voggeneder kann im Hofladen ihre Produkte erklären. Im Bild mit Bezirksbauernkammerobfrau Rosemarie Ferstl. ©BZ/Pichler
Martina Auer-Voggeneder kann im Hofladen ihre Produkte erklären. Im Bild mit Bezirksbauernkammerobfrau Rosemarie Ferstl. ©BZ/Pichler

Das Interesse der Gäste ist groß. “Sie wollen wissen, wo die Produkte herkommen und wie sie gemacht werden”, sagt Moser. Erklärt wird das am besten im persönlichen Gespräch. “Dann verstehen sie auch, dass das alles aus der Landwirtschaft kommt”, so Moser. Und außerdem: “Die Leute freuen sich, wenn sie sich unterhalten können.” ,Da wird ja noch miteinander geredet‘, höre man oft von den Gästen.

Davon erzählt auch Martina Auer-Voggeneder. Sie betreibt einen Hofladen in Ried in der Riedmark, wo Fleisch und Wurst vom eigenen Rotwild vermarktet werden. Den zugehörigen landwirtschaftlichen Betrieb haben sie und ihr Mann Rudolf vor zwei Jahren übernommen. “Zuerst setzen sich die Leute einmal auf die Bank im Hofladen und fangen an zu erzählen”, sagt Auer-Voggeneder. Zuerst über Gott und die Welt – und dann “fragen sie sehr viel”: Was in den Produkten drinnen ist und womit die Tiere gefüttert werden. Auer-Voggen­eder hat dafür volles Verständnis: “Die Kunden zahlen gut für unsere Produkte, also ist es auch ihr gutes Recht, wenn sie Informationen dazu haben wollen.”

Mit kritischen Fragen oder Vorbehalten gegenüber der Landwirtschaft waren weder Moser noch Auer-Voggeneder bisher konfrontiert. Im Gegenteil: “Es wird einem sehr viel Verständnis und Wertschätzung entgegengebracht”, sagen sie. Dass die Fragen der Kunden in den letzten Jahren aber mehr geworden sind, bestätigt Anni Spindler. Sie führt mit ihrem Mann Peter einen Mostheurigen in Mauthausen, wo viele Stadtleute hinkommen. “Die Menschen haben höhere Ansprüche und sind gut informiert”, sagt sie. Fragen zur Herkunft der Produkte seien dabei am häufigsten. Dementsprechend wird im Mostheurigen auf die regionale Herkunft großer Wert gelegt.

“Selber erleben” schafft bleibende Eindrücke

Elfriede Lesterl macht
Elfriede Lesterl macht “Schule am Bauernhof”. Bei ihr lernen die jüngsten Konsumenten, wo die Lebensmittel herkommen und was es heißt Bauer und Bäuerin zu sein. ©BZ/Pichler

“Man kann gar nicht früh genug anfangen”, sagt Elfriede Lesterl und meint damit die Bewusstseinsbildung beim Konsumenten. Sie muss es wissen. Denn auf ihrem Milchviehbetrieb in Katsdorf, den sie mit ihrem Mann bewirtschaftet, macht der Bauernhof “Schule”. Dort erfahren schon Volksschüler, wo und wie Lebensmittel produziert werden. Unter dem Motto “Einmal möchte ich Bauer sein” können die Kinder Landwirtschaft mit allen Sinnen begreifen und erfahren dabei auch, wieviel Arbeit dahinter steckt.

“Wenn die Kinder selbst im Stall stehen, verstehen sie viel mehr, als wenn sie davon nur in Schulbüchern lesen”, ist Lesterl überzeugt. “Dieselben, die am Anfang noch sagen ,es stinkt‘, füttern eine Stunde später mit Begeisterung die Kühe”, sagt die Bäuerin: “Es ist, wie wenn ein Schalter umgelegt wird.” Für Lesterl ist dieser offene Zugang zu den Konsumenten ein wichtiger: “Es liegt schon auch an uns Bauern. Wenn wir unsere Türen nicht öffnen, dürfen wir uns nicht wundern, wenn die Konsumenten ein falsches Bild von der Landwirtschaft haben.”

“Man muss es mögen”

Im Mostheurigen bei Anni Spindler (r.) wird auf die Produktherkunft viel Wert gelegt. Im Bild mit Bezirksbäuerin Barbara Payreder. ©BZ/Pichler
Im Mostheurigen bei Anni Spindler (r.) wird auf die Produktherkunft viel Wert gelegt. Im Bild mit Bezirksbäuerin Barbara Payreder. ©BZ/Pichler

Die Voraussetzungen, um die Jobs dieser Bäuerinnen zu erledigen? Zeit, Belastbarkeit, Geduld und das richtige Gespür für den Umgang mit Gästen und Kunden. Kurzum: “Man muss es mögen”, sagt Christine Moser. Und auch wenn die ganze Familie “mitspielen” muss: Sehr oft sind es die Bäuerinnen, die hier Ideen­bringer und Umsetzer sind – oder wie es der Partner einer Bäuerin ausdrückt: “Wenn ich meine Frau nicht kennen gelernt hätte, könnte ich das nie umsetzen.”

Mit ihren unterschiedlichen Ausrichtungen sind diese oder ähnliche Betriebe wirtschaftlich erfolgreich und wahrscheinlich auch in Zukunft lebensfähig. Die Menschen, die dahinter stehen, machen aber mehr als “nur” wirtschaften: Sie reden mit den Konsumenten, erklären das “Wie” und “Wo” der Lebensmittelproduktion und vermitteln das viel zitierte “realistische Bild der Landwirtschaft”. Sie machen damit Öffentlichkeitsarbeit und Imagepflege – wahrscheinlich mehr, als ihnen bewusst ist.

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