Corona am Hof, was tun?

Auch wenn sich die Menschen immer mehr nach „Normalität“ abseits des Corona-Virus sehnen, sind jetzt Solidarität und Geduld notwendig, um die Pandemie möglichst rasch in den Griff zu bekommen. Dazu ein Interview mit Irmgard Lechner, Landessanitätsdirektorin von Niederösterreich.

Die angegebenen Zahlen zum Infektionsverlauf entsprechen Durchschnittswerten, Ausreißer nach oben sind möglich.

Im Kampf gegen die Ausbreitung des Corona-Virus in Niederösterreich ist Landessanitätsdirektorin Irmgard Lechner an vorderster Front mit dabei. Im Gespräch mit der BauernZeitung berichtet die Ärztin von ihren Erfahrungen und erklärt, was jeder Einzelne tun kann, um sich und seine Mitmenschen zu schützen.

BauernZeitung: Frau Doktor Lechner, Covid-19 beherrscht bereits seit mehr als einem halben Jahr unser aller Leben. Wie haben Sie die Entwicklung der Pandemie erlebt?
Lechner: Die Pandemie hat uns im öffentlichen Gesundheitsdienst vor große Herausforderungen gestellt. Zu Beginn war das Wichtigste, möglichst viel über das neue Virus zu lernen und den Mangel an Schutzausrüstung und Testkapazitäten zu kompensieren. Während der Zeit des Lockdowns und danach konnten wir die Prozesse in den Behörden optimieren. Verfahrensschritte wurden automatisiert und die Testkapazitäten ausgebaut. Neues Personal wurde eingestellt und das Bundesheer unterstützte beim Contact Tracing. Derzeit ist die Abarbeitung der hohen Fallzahlen die größte Herausforderung.

Wir befinden uns mitten im zweiten Lockdown, die Zahlen erscheinen dennoch nicht sehr ermutigend. Ist die Krise überhaupt noch beherrschbar?
Unser Ziel ist derzeit eine Überlastung des Gesundheitssystems und hier vor allem die Intensivstationen zu schützen. Das heißt, unser Augenmerk muss primär auf den besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen liegen. Durch konsequentes Contact Tracing und Absonderung der Betroffenen gelingt uns das in Niederösterreich noch sehr gut.

Was kann jeder persönlich beitragen, um die Pandemie einzudämmen?
Sehr viel. Die ohnehin bekannten Maßnahmen: Mund-Nasen-Schutz, Händewaschen und besonders Abstand halten sind ganz einfach und hoch effektiv. Würden sich alle konsequent im täglichen Leben daran halten, bräuchten wir keinen Lockdown und könnten unser Leben mit wenigen Einschränkungen weiterführen.

Vielfach ist bei den Menschen eine „Corona-Müdigkeit“ zu beachten, und die Bereitschaft, sich an die vielen amtlichen Vorgaben zu halten, sinkt. Warum ist das aber so wichtig?
Je besser wir die Ansteckungen verhindern können, desto weniger amtliche Vorgaben brauchen wir. Je sorgloser und nachlässiger mit den Präventionsmaßnahmen umgegangen wird, desto mehr und desto längere Einschränkungen muss es geben.

Jemand fühlt sich krank: Kann man selber erkennen, ob es Covid-19, eine Grippe oder ein grippaler Infekt ist? Wie reagiert man richtig?
Hauptsymptome der Covid-19-Infektion sind Atemwegsbeschwerden. Fieber kann sein, muss aber nicht sein. Typisch ist Geruchs- und Geschmacksverlust, vor allem bei Kindern auch Durchfall. Es ist selbst für Mediziner schwer, eine Abgrenzung zu banalen Infekten oder zur Grippe zu finden. Wenn Sie Kontakt zu einem bestätigten Fall hatten und danach Symptome entwickeln, plötzliche Atemwegsprobleme bekommen oder Erkältungssymptome, die sich anders anfühlen als gewohnt, rufen Sie 1450 an. Dort wird man Ihre Beschwerden aufnehmen und Sie bei Bedarf für eine Testung anmelden. Seit Kurzem gibt es die Möglichkeit, bei den Hausärzten Antigen- und PCR-Tests durchzuführen.

Sie haben das Contact Tracing erwähnt. Wie funktioniert das und welche Erfahrungen gibt es damit?
Contact Tracing ist eine der wichtigsten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Es besteht aus zwei Teilen. Zum einen wird die Zeitspanne von zwei Tagen vor Auftreten der Symp­tome, beziehungsweise bei asymp­tomatischen Personen zwei Tagen vor Abstrich Entnahme, bis zum Vorliegen des positiven Befundes betrachtet. Für diese Zeitspanne müssen alle Kontaktpersonen erhoben werden. Diese werden dann in Hochrisiko- und Niedrigrisiko-Kontakte eingeteilt. Hochrisiko-Kontakte sind jene, die länger als 15 Minuten Kontakt unter zwei Metern Entfernung hatten. Diese müssen – wie die positive Person selbst – für zehn Tage abgesondert werden. Der zweite Teil des Contact Tracings besteht im Aufspüren der Infektionsquelle. Dazu muss der Zeitraum 14 Tage vor Auftreten der Symptome betrachtet werden.

Was bedeutet Quarantäne? Wie soll sich eine Bäuerin oder ein Bauer verhalten, die ja dennoch ihre täglichen Arbeiten, beispielsweise im Stall, verrichten müssen?
Quarantäne oder „Absonderung“, wie es amtlich richtig heißt, bedeutet, dass die eigene Wohnung oder das eigene Wohnhaus nicht verlassen werden darf. Für bäuerliche Betriebe ist das die eigene Betriebsstätte. Wichtig ist, dass Sie bei telefonischer Verständigung durch die Bezirkshauptmannschaft darauf verweisen, dass Sie Bäuerin oder Bauer sind. Damit wird der Bescheid dementsprechend erstellt.

Würden Sie abschließend eine persönliche Einschätzung geben, wie sich die Pandemie weiterentwickelt?
Das Virus wird nicht einfach verschwinden. Wir werden lernen müssen damit zu leben, wie wir mit der Grippe leben. Die Einführung einer Impfung wird sicherlich eine Erleichterung bringen, auch die Behandlungsmöglichkeiten werden immer besser.

Quelle: ZVG
Sanitätsdirektorin Dr. Irmgard Lechner

Die wichtigsten Tipps, um eine Ansteckung zu verhindern

  • Hände regelmäßig gründlich waschen (mindestens 30 Sekunden lang)
  • Physische Kontakte vermeiden (kein Händeschütteln oder Umarmen)
  • Hände regelmäßig desinfizieren
  • Abstand von mehr als zwei Metern zu anderen Menschen einhalten
  • Nies- und Husten-Etikette beachten (nicht in die Hand, sondern in die Armbeuge)
  • Mund-Nasen-Schutz tragen, besonders wenn der Mindestabstand länger als 15 Minuten nicht eingehalten werden kann
  • Kontakte vermeiden, notwendige Treffen nur mit Abstand und möglichst im Freien

- Bildquellen -

  • 20 02 47 20 NO: ZVG
  • 20 01 47 20 NO: Datenquelle: Robert Koch Institut
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