„Borealis-Düngersparte darf nicht ans Ausland gehen“

Der Anfang Februar bekannt gewordene geplante Verkauf eines Großteils des Linzer Borealis-Chemieparks an EuroChem lässt nun bei Agrarpolitikern wie Johannes Schmuckenschlager die Alarmsirenen schrillen.

Schmuckenschlager ist gegen Verkauf der Borealis an den Oligarchen Melnichenko. Fotos: Borealis, Parlamentsdirektion / Johannes Zinner. Wikimedia CC BY-SA 4.0

Nach dem Kriegsausbruch durch den Einmarsch der russischen Armee in der Ukraine fordert Schmuckenschlager, Bauernbund-Abgeordneter und ÖVP-Umweltsprecher im Nationalrat sowie Präsident der LK Niederösterreich, den geplanten Verkauf des Stickstoffgeschäfts von Borealis um kolportierte 455 Millionen Euro an den russischen Konzern EuroChem zu stoppen.
Wie in der BauernZeitung berichtet, will sich der heimische Petrochemiekonzern Borealis mit Sitz in Wien von seiner Stickstoff- und Düngemittelsparte mit Fabriken in Frankreich, Deutschland und in Linz trennen. Konret verhandelt die Tochtergesellschaft der OMV darüber mit EuroChem mit Sitz in Zug in der Schweiz, in einem Gebäude der hiesigen Kantonalbank. Die operative Zentrale der Unternehmensgruppe ist aber in Moskau, ihr Eigentümer der russische Oligarch Andrei Melnitschenko, dem Vernehmen nach mit einem Milliarden-Vermögen einer der zehn reichsten Russen. Neben Russland hat EuroChem Werke in Kasachstan, Belgien und Litauen, zählt eigenen Angaben zufolge mehr als 27.000 Mitarbeiter in 40 Ländern und beliefert mehr als 100 Länder. Die OMV-Tochter Borealis beschäftigt in den Geschäftsbereichen, die an den russischen Oligarchen-Konzern abgestoßen werden sollen – Düngemittel, Melamin und technische Stickstoff – etwa 2.000 Mitarbeiter, davon 700 in Linz.
Johannes Schmuckenschlager fordert nun aufgrund des Kriegsausbruches in der Ukraine den sofortigen Stopp der Verkaufsverhandlungen: „Die Düngemittelversorgung muss in heimischer Hand bleiben, um die Versorgungssicherheit der Bürger mit Lebensmitteln zu sichern“, sagt der Bauernbündler. Auch Oberösterreichs ÖVP-Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner hat sich bereits klar gegen den Verkauf der Borealis-Düngersparte an die Russen ausgesprochen. Aus der Borealis-Zentrale hieß es dagegen: „Der Verkaufsprozess läuft weiter“, so eine Sprecherin. „Aktuell liegt uns keine Information vor, dass die Situation einen Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens haben könnte.“
Dabei stehen laut einer Analyse des Borealis-Managers Klaus Neuhold, zuständig für den Düngerverkauf und damit ein absoluter Marktkenner, Ammoniak, Harnstoff, Ammonium-Nitrat und Ammonium-Nitrat-Harnstoff-Lösung (AHL) ganz oben auf der Liste der wichtigsten Dünger-Rohstoffe – und haben somit höchste Bedeutung für die globale Versorgungssicherheit.
Neuhold in einem Borealis-Newsletter: „Ammoniak ist am stärksten bedroht. Viele Düngemittel-Produzenten stellen es nicht selbst her, sondern kaufen den Rohstoff aus Russland zu.“ Nordafrikanische Hersteller, ebenso türkische und bulgarische Produzenten. Auch der größte westeuropäische Düngemittelproduzent habe in den vergangenen Jahren regelmäßig größere Mengen von drei russischen Ammoniak-Produzenten bezogen. „Russisches Ammoniak wird zum überwiegenden Teil über die Ukraine exportiert, über die längste Ammoniak-Pipeline der Welt von Togliatti in Russland bis zu einem Hafen nahe Odessa, von wo es weiter verschifft wird.“ Durch die Kriegshandlungen musste die Pipeline aus Sicherheitsgründen stillgelegt werden. „Auch bei den Stickstoff-Einzeldüngern nimmt Russland eine zentrale Rolle am Weltmarkt ein. Rund 16 Prozent der weltweiten Harnstoff-Exporte, die Hälfte der Ammoniumnitrat-Exporte und ein Viertel aller AHL-Exporte kommen aus Russland. Im Falle von Harnstoff werden 25 bis 30 Prozent über das Schwarze Meer verschifft.“ Auch in der Ukraine gebe es mehrere große Stickstoff-Werke. „Das staatliche OPZ-Werk bei Odessa produziert bereits seit einigen Monaten aufgrund hoher Gaspreise keinen Harnstoff. Andere dürften zuletzt ebenfalls nicht auf Volllast gefahren sein. Uns haben Meldungen über die kontrollierte Abstellung der Produktionswerke erreicht“, schreibt Neuhold. Eigentlich Analyse-Gründe genug, den Boralis-Ausverkauf in Richtung Russland so rasch wie möglich abzusagen.

Bernhard Weber

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AUTORRed. SN
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