Bislang wenig Agrarsanktionen gegen Russland

Russische Landwirtschaftsbank „Rosselkhozbank“ FOTO: fifg -stock.adobe.com

Die agrarspezifischen Sanktionen gegen Russland wegen des Einmarsches seiner Armee in der Ukraine waren anfänglich überschaubar.

Die EU-Importverbote für Produkte aus den ostukrainischen Gebieten Donezk und Luhansk sowie von der Krim gelten weiter.

Prompt aus den Regalen geworfen haben zwei der größten baltischen Supermarktketten Rimi und Maxima in Estland, Lettland und Litauen aus Solidarität mit der Ukraine alle in Russland hergestellten Waren. Deren Vertrieb wurde für unbestimmte Zeit ausgesetzt, wenngleich ihr Anteil am Gesamtsortiment kaum ins Gewicht fallen dürfte.

Indes ist davon auszugehen, dass auch andere Lebensmitteleinzelhändler in weiten Teilen der EU entsprechende Auslistungen planen. Russische Erzeugnisse bildeten im Lebensmitteleinzelhandel der EU-27 jedoch nur eine Nische, wenn überhaupt im unteren einstelligen Prozentbereich.

Am meisten treffen dürften auch die russische Agrarwirtschaft die strikten Sanktionen des Westens, die auf Russlands Banken und die Behinderung im internationalen Zahlungsverkehr abzielen. Dazu zählt auch die Russische Landwirtschaftsbank „Rosselkhozbank“, für die etwa die USA prompt ihre Auflagen für Neuverschuldung und Eigenkapital verschärft haben.

Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung zitiert indes Iwan Rodionow, Finanzprofessor der Moskauer Hochschule für Wirtschaft. Er sagt: „Wenn der Zahlungsverkehr über Swift wegfällt, gibt es noch immer die alten Mechanismen der Sowjetunion. Das Abwickeln von Import und Export wird mühsamer, teurer, aber kardinal wird sich nichts ändern.“

Die westlichen Sanktionen würden vor allem zur Beruhigung der eigenen Öffentlichkeit dienen, meint Rodionow: „Wenn der Westen wirklich Ernst machen wollte, würde er die Lieferung von Saatgut an die russische Landwirtschaft einstellen. Aber wer will 140 Millionen hungrige und erboste Russen?“

Derweil hat China seine Einfuhrbeschränkungen für Weizen aus Russland aufgehoben. Wie die Pekinger Zollverwaltung noch am ersten Kriegstag mitteilte, kann künftig Weizen aus der gesamten Russischen Föderation in die Volksrepublik importiert werden, wenn die Vorschriften gegen den Weizenbrand eingehalten werden. Vor dem völkerrechtswidrigen Einmarsches Russlands in die Ukraine war die Einfuhr nur aus sieben russischen Anbauregionen möglich, die Hauptanbaugebiete waren nicht darunter, schreibt Agra-Europe.

Indes wähnt sich das Moskauer Landwirtschaftsministerium hinsichtlich der Lebensmittelversorgung im eigenen Land auf der sicheren Seite. Die Russische Föderation sei bei Grundnahrungsmitteln völlig autark, versicherte das Agrarressort noch am Tag nach dem Einmarsch der Russen in der Ukraine mit Blick auf mögliche Embargos von Seiten der westlichen Staaten. Dies betreffe Getreide, Fleisch und Fisch, Zucker und Pflanzenöl sowie andere wichtige Nahrungsmittel. Laut Darstellung des Ministeriums decke die Inlandsproduktion von Milchprodukten, Backwaren, Gemüse und Obst auch einen großen Teil des Eigenverbrauchs ab. Die Nachfrage nach importierten Waren sei „unbedeutend”, so das Ministerium und beziehe sich hauptsächlich auf Produkte, die aufgrund der klimatischen Bedingungen nicht in Russland hergestellt werden könnten.

Um den eigenen Markt zuverlässig zu schützen und eine Gefährdung der Ernährungssicherheit auszuschließen, würden die russischen Importeure mit einer Vielzahl von Lieferländern zusammenarbeiten.

2021 deckte das Milchaufkommen in Russland laut Angaben aus Moskau rund 84 % des Inlandsbedarfs an Milchprodukten. Ein Ziel der russischen Regierung ist es, bis 2027 die vollständige Selbstversorgung mit Milchprodukten zu erreichen. Bei der Fleischproduktion soll Russland nach Angaben der nationalen Statistikbehörde Rosstat im Jahr 2020 neue Rekordmarken aufgestellt haben. Die eigene Fleischproduktion reichte zwar theoretisch für die Deckung der inländischen Nachfrage, wenn auch nicht für alle Fleischarten.

 

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AUTORRed. SN
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