
Seit der Öffnung der EU-Märkte für ukrainische Agrarprodukte im Jahr 2022 haben sich die Importe vervielfacht – teils um bis zu 240 Prozent gegenüber den Vorjahren, wie die EU-Kommission bestätigt. Besonders betroffen sind sensible Produktgruppen wie Brotgetreide, Honig, Mais, Zucker und Geflügel. Der Niederösterreichische Bauernbund schlägt Alarm: „Durch den Ukraine-Import von Produkten weit unter unseren Standards ist der Markt so verzerrt, dass unsere Bauern hier nicht mehr mithalten können. Das ist eine enorme wirtschaftliche Belastung, sorgt für existenzielle Sorgen und gefährdet die heimische Versorgungssicherheit“, warnt EU-Abgeordneter Alexander Bernhuber. „Wir fordern eine EU-Notbremse bei agrarischen Ukraine-Importen. Es muss jetzt gehandelt werden. Es darf kein ‚Weiter wie bisher‘ geben“, stellen Bernhuber und Bauernbund-Direktor Paul
Nemecek klar.
Erntezeit verschärft Druck auf Bauern
Mit dem nahenden Beginn der Erntezeit in Österreich wächst der wirtschaftliche Druck. Während die heimischen Landwirte höchste Qualitätsstandards einhalten, drängen tausende Tonnen günstiger Importware aus der Ukraine auf den europäischen Markt. Was ursprünglich als temporäre Nothilfe gedacht war, sei heute ein strukturelles Problem, das zu Marktverzerrungen führe.
„Wir produzieren hier mit weit strengeren Umwelt-, Tierwohl- und Sozialstandards als in der Ukraine. Das ist kein fairer Wettbewerb und gefährdet die Versorgungssicherheit“, zeigt Nemecek die besorgniserregende Lage auf. Doch es geht nicht nur um Absatzprobleme, wegbrechende Märkte und Einkommensquellen für die heimischen bäuerlichen Betriebe. Auch Konsumenten seien betroffen, da importierte Produkte häufig unter Bedingungen erzeugt werden, die hierzulande aus guten Gründen verboten sind.
„Wir importieren derzeit, was bei uns längst verboten ist. So feiern Käfigeier oder verbotene Pflanzenschutzmittel auf unseren Tellern eine wahre Renaissance“, weist Bernhuber auf diesen unfairen Wettbewerb hin.
Faire Regeln und Importquoten als Lösung
Bernhuber und Nemecek fordern daher von der EU eine Rückkehr zu früheren Regelungen. „Außerdem brauchen wir faire Regeln und vor allem gleiche Regeln für alle. Wer nicht nach unseren Standards produziert, darf nicht in unsere Regale. Unser Vorschlag: Importquoten für sensible Produkte, gekoppelt mit strengen Qualitäts- und Herkunftskontrollen“, so der Appell der beiden Agrarpolitiker.
Nachdruck wollen sie ihrem Anliegen in Brüssel durch den neuen Europäischen Bauernbund verleihen, der bekanntlich auf Initiative von Bernhuber und Nemecek entstand. Hoffnung setzt der Niederösterreichische Bauernbund darauf, dass es in den kommenden Wochen zu einer richtungsweisenden Entscheidung in Brüssel kommen könnte. Dort versucht man weiter, die Balance zwischen Solidarität und Versorgungssicherheit zu finden.
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- Nemecek und Bernhuber: NÖ Bauernbund