Wintergetreide ist heuer überwiegend schwach bis ausreichend entwickelt. Überwachsene Bestände gibt es nicht.

Mit zunehmender Tageslänge und ab einer konstanten Temperatur von 5 °C in in fünf Zentimeter Bodentiefe beginnen Winterungen mit der Aufnahme von Nährstoffen, das Wachstum setzt ein. Dieser Wert dürfte ob der frühlingshaften Temperaturen dieser Woche spätestens jetzt in allen Ackerbauregionen der Republik erreicht werden. Im Getreide herrscht nun Handlungsbedarf, vor allem bei Stickstoff (N).

NID-Ergebnisse liegen vor

Eine wesentliche Stütze bei der Kalkulation der Gabenteilung bieten alljährlich die Ergebnisse des Nitratinformationsdienstes (NID) in Ober- und Niederösterreich. Deren Nitratmessungen in drei Tiefenstufen geben Aufschluss über den aktuellen Bodenvorrat an mineralischem Stickstoff. Das Ergebnis der Messungen Anfang Februar: In der Traun- Ennsplatte und im niederösterreichischen Feuchtgebiet (Amstetten, Melk, Zwettl) wurde die für Reduktionen relevante Grenze von 40 kg N/ha Bodenvorrat nicht erreicht. Die NID-Experten empfehlen dort daher keine Abschläge von der ortsüblichen Stickstoffgabe.

Etwas höhere Nmin-Gehalte wurden im Tullnerfeld, in der Prellenkirchner Flur und im Marchfeld gemessen. Generell gilt aber auch hier, dass insbesondere nach Vorfrucht Getreide die Abschläge nahezu vernachlässigbar sind. Nach Kartoffeln, Feldgemüse und Körnermais werden regional hingegen verminderte Reinstickstoffgaben von bis zu 65 kg/ha empfohlen.

Gerste: Jetzt handeln

Welche Strategien lassen sich daraus für die Andüngung in den einzelnen Kulturen ableiten? Die BauernZeitung hat bei Albert Müllner, Fachberater bei der Saatbau Linz, nachgefragt. Bei der Gerste lässt sich die witterungsbedingt verzögerte und zu nasse Aussaat heuer demnach klar erkennen. „Überwachsende Bestände gibt es heuer nicht“, weiß Müllner. Schwach bis ausreichend bestockte würden dominieren. „Bei schwachen Beständen mit weniger als drei kräftigen Bestockungstrieben empfehlen wir seit Mitte Februar die erste Gabe zu geben“, so der Pflanzenbau-Experte.

Quelle: agrarfoto.com
In schwach entwickelten Gerstenbeständen muss nun gehandelt werden.

Im Auge müsse man dabei die angestrebte Anzahl an ährentragenden Halmen/ m² behalten. Müllner: „Bei zweizeiligen Gersten und Winterbraugersten brauchen wir im Trockengebiet zur Ernte 800 Ähren je Quadratmeter, im Feuchtgebiet 950 bis 1.000 Ähren. Bei mehrzeiligen Sorten reichen 650 Ähren.“ Gerade bei schwachen Beständen sei dies nur durch eine nitratbetonte Düngung zu erreichen. „Volldünger und Gülle sind möglich. Von reinen Ammoniumdüngern oder Harnstoff raten wir ab“, erklärt er. Stehen die Bestände gut da, seien derzeit 60 kg/N zur ersten Gabe eine gute Wahl, je besser bestockt die Gerste aus dem Winter kommt, umso mehr kann bei der ersten Teilgabe eingespart werden. „Was bei der ersten Gabe gespart wird, kann bei der zweiten aufgeschlagen werden“, ergänzt er.

Diese erfolgt praxisüblich in der Schossphase mit 60 bis 90 kg N/ha. Bei üppigeren Beständen kann diese in EC 32 laut BBCH-Skala hinausgezögert werden, bei magerem Wachstum ist eine Vorverlegung auf das Bestockungsende (EC 30) ratsam. „Damit ist die Düngung bei Gerste auch abgeschlossen. Eine dritte Gabe lieferte in Saatbauversuchen keine Mehrerträge“, ergänzt Müllner.

Weizen: Lehren aus dem Vorjahr

Bei der Weizendüngung müssen indes durch den Klimawandel bisherige Düngestrategien hinterfragt werden. Europaweit waren im Vorjahr ob der Extremwetterereignisse geringe Proteingehalte vorherrschend. Müllner dazu: „Wenn man Lehren aus dem Vorjahr ziehen will, muss man sagen: Die erste Gabe muss reduziert, die zweite betont und die dritte vorgezogen werden.“ Wiewohl er hinzufügt: „Die gesetzlichen Vorgaben ermöglichen es uns in sehr guten Jahren nicht mehr Ertrag und Qualität gleichermaßen auszuschöpfen, weil uns zu wenig Stickstoff zur Verfügung steht.“

Müllner: „Die gesetzlichen Vorgaben ermöglichen es uns nicht mehr Ertrag und Qualität gleichermaßen auszuschöpfen.“

Für die praktische Umsetzung bedeutet das, dass bei guten Vorfrüchten eine Andüngung mit 40 kg N/ha ausreicht. Bei mittleren Vorfrüchten, etwa Soja, rät der Saatbau-Experte zu 50 bis 60 kg N. Nach Mais und Getreide wären wegen der Strohrotte hingegen eher 70 bis 80 Kilogramm zu empfehlen. Für die zweite Gabe gilt, wie bei Gerste, dass diese zu Beginn der Schossphase zu erfolgen hat. Steuerungsmöglichkeiten durch Vorverlegung oder Verzögerung je nach Bestandsentwicklung bestehen auch hier. 60 bis 70 Kilogramm N sei die Faustregel. „Um die Kornzahl pro Ähre abzusichern“, so Müllner. Bei sehr schwachen Beständen ließe sich die zweite Gabe außerdem teilen.

„Die dritte Gabe sollte dann ins aufrechte Fahnenblatt erfolgen.“ Wird Mahlweizen angestrebt, sollten 8 kg/Tonne Ertragserwartung gegeben werden, bei Qualitätsweizen 10 kg. „Für Premiumweizen wären zwölf Kilogramm nötig, dann sind wir aber über der gesetzlichen Grenze“, moniert der Fachberater. Bei Futterweizen rät er von einer dritten Gabe übrigens ab.

Roggen: Drei Gaben schmälern die Qualität

Ein paar Tipps hat Albert Müllner auch für das Düngemanagement im Roggen parat. Durch die zur Verfügung stehenden Hybridsorten habe man hier „eine der ausgleichsfähigsten Kulturen“ an der Hand. Aber auch hier kam es durch die Nässe im Herbst zu verzögerter Aussaat, entsprechend seien die Bestände zwischen Dreiblattstadium und der Bildung des ersten Bestockungstriebs überwintert. Auf solchen Flächen muss die Bestockung nun durch 70 bis 80 kg N/ha angeregt werden. „Idealerweise mit nitratbetontem Dünger oder NPK“, so Müllner. Bei guter Bestandsentwicklung seien hingegen 40 kg ausreichend. Bei der zweiten Gabe zu Beginn des Schossens braucht Roggen seiner Erfahrung nach etwa 70 bis 80 kg Stickstoff: „Ist der Bestand ideal entwickelt, sollte eher erst in EC 31 oder 32 gedüngt werden, um nicht mehr zusätzliche Triebe und damit Stroh zu produzieren.“ Eine dritte Gabe sei bei Roggen generell schlecht für die Qualität.

Hinweis: Die gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich Düngerobergrenzen sind einzuhalten. Keine Düngung auf gefrorenen oder wassergesättigten Böden.

Die Richtlinien für die Sachgerechte Düngung sind hier nachzulesen.

- Bildquellen -

  • Gerste Vegetationsstart: agrarfoto.com
  • Weizen, erste Gabe: agrarfoto.com
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AUTORClemens Wieltsch
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