Alle Interessen berücksichtigen

Oberösterreichs Gemeindebundpräsident Johann Hingsamer und Christoph Zaussinger, Referent für Wasser- und Umwelttechnik an der Landwirtschaftskammer Oberösterreich, informierten über rechtliche Grundlagen und die Aufgaben der Gemeinde hinsichtlich der Raumordnung.

Beim Online-Infoabend des OÖ Bauernbundes, zu dem Direktor Wolfgang Wallner eingeladen hatte, konnten sich zahlreiche interessierte Mitglieder über das Thema Raumordnung informieren. Anhand praktischer Beispiele wurde zuerst das Oberösterreichische Raum-Informations-Systems (DORIS) vorgestellt. Ein Überblick über die Flächenwidmungskategorien und die Möglichkeiten der außeragrarischen Raumnutzung gaben den Teilnehmern einen weiteren Einblick in diese komplexe Materie.

Raumordnung – ein großes Thema in der Landwirtschaft

Raumordnung und Flächenwidmung ist immer aktuell und betrifft jeden. Vor allem aber für die Landwirtschaft ist dieses Thema besonders bedeutend. Sei es die Errichtung eines Stalles oder einer Maschinenhalle – all das sind Dinge, die im heimischen Raumordnungsgesetz geregelt sind und mit denen sich Betriebsführer auseinandersetzen müssen. Raumordnung ist einer der verantwortungsvollsten Aufgabenbereiche in einer Gemeinde, gilt es doch die unzähligen Interessen an Grund und Boden unter einen Hut zu bringen. Zuständig für die Raumordnung in einer Gemeinde ist der Gemeinderat und nicht wie oft vermutet der Bürgermeister. „Daher ist es für die Vertretung der bäuerlichen Interessen besonders wichtig, wenn sich Bäuerinnen und Bauern als Gemeinderäte engagieren und so Politik auf Ortsebene machen. Denn nur wer in den Gremien sitzt, kann auch Einfluss auf Entscheidungen nehmen“, appellierte Gemeindebundpräsident Johann Hingsamer an die Landwirte, sich aktiv am politischen Geschehen zu beteiligen.
Zu Beginn des neuen Jahrtausends bewegte sich die Flächeninanspruchnahme in Österreich auf sehr hohem Niveau. Dabei muss allerdings zwischen nicht versiegelter und versiegelter Flächeninanspruchnahme unterschieden werden.

Zuletzt weniger Flächen in Anspruch genommen

Der Höchstwert war mit jeweils circa 35 Quadratkilometer (km²) versiegelter und etwa 65 km² nicht versiegelter Flächeninanspruchnahme in den Jahren 2003 und 2009 zu verzeichnen. Seit 2009 ist jedoch ein Abwärtstrend zu beobachten. Im Jahr 2020 wurden tatsächlich 17 km² versiegelt. Die nicht versiegelte Flächeninanspruchnahme betrug 24 km².
Derzeit wird das Land wie folgt genützt: 91 Prozent der Fläche für Landwirtschaft, Wald und Ödland, fünf Prozent für Baufläche – davon drei Prozent unbebaut (Garten etc.) und zwei Prozent bebaut –, zwei Prozent sind Verkehrsflächen und weitere zwei Prozent sind Gewässer.

Ungebrochen: Der Wunsch nach einem Einfamilienhaus

Die Immobilienpreise gehen durch die Decke, sowohl in der Stadt, als auch am Land. Trotzdem ist der Wunsch nach einem Einfamilienhaus im Grünen ungebrochen. Dabei kommen die Erschließungskosten und auch die zu bauende Infrastruktur den Gemeinden teuer, denn diese tragen einen Großteil der Kosten. Ungefähr 27.000 Euro betragen die Aufschließungskosten bei einem freistehenden Einfamilienhaus mit 1000 Quadratmeter (m²) Grundfläche. Bei einem mehrgeschossigen Wohnbau mit 100 m² Fläche betragen diese jedoch nur 2720 Euro.

Wiederbelebung der Ortskerne steht im Fokus der Politik

Neben dem Verdichten der Ortskerne steht auch besonders die Wiederbelebung der Ortszentren im Fokus der Raumordnungspolitik. „Die oftmals leerstehenden Häuser oder Geschäftslokale in Zentren gilt es wieder zu revitalisieren. Der Bau von Einkaufszentren soll hingegen nur mehr bei Bedarf erfolgen“, so Hingsamer.
Der Flächenwidmungsplan setzt sich aus dem Örtlichen Entwicklungskonzept und dem Flächenwidmungsteil zusammen. Im alltäglichen Sprachgebrauch wird der Flächenwidmungsteil jedoch als Flächenwidmungsplan bezeichnet. „Die Raumordnung ist ein Thema, das ein ungeheures Konfliktpotential in sich birgt, da viele unterschiedliche Nutzungsinteressen vorhanden sind. Der Flächenwidmungsplan versucht hier Ordnung zu schaffen. Bei etwaigen Problemen gilt es aber zu beachten, dass es sich beim Flächenwidmungsplan um eine Verordnung und keinen Bescheid handelt. Eine Berufung ist daher nicht möglich. Ein Einspruch kann nur beim Verfassungsgerichtshof in Wien gemacht werden“, erklärte Christoph Zaussinger von der Landwirtschaftskammer OÖ.
Das Örtliche Entwicklungskonzept sieht ein Mitspracherecht der Bevölkerung vor und gibt Auskunft über die künftige Entwicklung einer Gemeinde. Es ist alle 15 Jahre zu überarbeiten, der Flächenwidmungsplan hingegen alle siebeneinhalb Jahre. Beides muss durch das Land OÖ genehmigt werden.

Widmungskategorien ordnen die Landnutzung

Die fünf häufigsten Widmungskategorien lauten Wohngebiet, Dorfgebiet, Grünland, Betriebsbaugebiet und Mischbaugebiet. „Der Widmung beziehungsweise Umwidmung einer Fläche geht oft ein langer Verfahrensablauf zuvor“, so Zaussinger. Nach dem Grundsatzbeschluss des Gemeinderates wird dieser veröffentlicht, Stellungnahmen können innerhalb von vier Wochen abgegeben werden. Nach der Beschlussfassung durch den Gemeinderat gelangt die Vorlage zur Aufsichtsbehörde. Positive Beurteilungen werden kundgemacht.

Bauen im Grünland und außeragrarische Nutzung

Wenn es für die Entwicklung eines bäuerlichen Familienbetriebes nötig ist, darf im Grünland gebaut werden. Das errichtete Gebäude muss aber mindestens zehn Jahre lang landwirtschaftlich genutzt werden. Erst danach wäre eine außeragrarische Raumnutzung möglich, was für einige Betriebe eine interessante Alternative darstellt.

- Bildquellen -

  • Die Raumordnung und Flächenwidmung ist ein wichtiges Thema in der Landwirtschaft. Daher sei es von großer Bedeutung, dass sich auch Landwirte als Gemeinderäte engagieren, um Einfluss auf Entscheidungen nehmen zu können.: Foto: agrarfoto.com
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