Aktive Waldbewirtschaftung und die Verwendung von Holz ist Klimaschutz

Bioenergie-Branche und -Forschung stehen still - Know-how-Abwanderung droht

Bei der Pressekonferenz (v. l. n. r.): Franz Titschenbacher, Präsident der Landwirtschaftskammer Steiermark, Tomas Lundmark, Swedish University of Agricultural Sciences, Walter Haslinger, Geschäftsführer des Forschungsinstituts Bioenergy 2020, und Univ.-Prof. Hermann Hofbauer von der TU Wien ©BZ/Stockinger
Bei der Pressekonferenz (v. l. n. r.): Franz Titschenbacher, Präsident der Landwirtschaftskammer Steiermark, Tomas Lundmark, Swedish University of Agricultural Sciences, Walter Haslinger, Geschäftsführer des Forschungsinstituts Bioenergy 2020, und Univ.-Prof. Hermann Hofbauer von der TU Wien ©BZ/Stockinger
“Durch die aktive Waldbewirtschaftung wird der vielseitig einsetzbare und geniale Rohstoff Holz nachhaltig produziert. Da stets weniger Holz geerntet wird als zuwächst, steigt der Holzvorrat in Österreichs Wäldern kontinuierlich an. Die Botschaft und der Auftrag des Klimagipfels in Paris ist eindeutig und klar: Der Ausstoö von fossilem CO2 muss so rasch wie möglich beendet werden. Nur mit dem Ausstieg aus der Nutzung fossiler Rohstoffe können wir den Klimawandel stoppen und Milliardenschäden verhindern. Wer den Wald bewirtschaftet und das Holz daraus verwendet, egal ob für Bauten, Möbel oder anderes, der speichert langfristig CO2. Denn jeder verwendete Kubikmeter Holz entlastet unsere Atmosphäre. Die energetische Verwertung von Holz, die vorwiegend auf Basis von Reststoffen und Nebenprodukten aus Land-, Forst- und Holzwirtschaft basiert, spielt bei der Erneuerung unseres Energiesystems eine Schlüsselrolle. Wichtig ist, die Grööenordnungen im Auge zu behalten: Ein Prozent Steigerung der Bioenergienutzung entspricht der gesamten heimischen Photovoltaikstromerzeugung von 2014”, eröffnete Franz Titschenbacher, Präsident der Landwirtschaftskammer Steiermark, die Pressekonferenz mit Forschungsschwerpunkt anlässlich der 5. Mitteleuropäischen Biomassekonferenz.

Holznutzung und Waldwachstum steigern

Der schwedische Wissenschaftler Tomas Lundmark von der Swedish University of Agricultural Sciences untermauerte die Aussagen von Titschenbacher: “Mehr als 40% der gesamten EU-Fläche sind mit Wäldern bedeckt. EU weit wird nur knapp über 60% des Holzzuwachses genutzt.” Da die meisten Wälder bereits bewirtschaftet werden, sind laut Lundmark zwei Maönahmen für den Klimaschutz und die Bioökonomie wesentlich: Einen höheren Anteil an Holz nachhaltig zu nutzen und das Wachstum der Wälder durch noch bessere Bewirtschaftung zu erhöhen. In Schweden und Österreich haben Wissenschaftler die Klimaschutzeffizienz jedes produzierten Kubikmeters Holz analysiert. Ergebnis: Für jeden produzierten Kubikmeter Holz werden je nach Waldbewirtschaftung 500 bis 700kg CO2-Emissionen vermieden. Das bedeutet, dass der CO2- Ausstoö (netto) in Österreich durch die Holznutzung um rund 20 Mio. t niedriger wäre als ohne aktive Waldbewirtschaftung. Zum Vergleich: Zurzeit beträgt der Gesamtausstoö rund 80 Mio. t. “Die Klimaschutzeffizienz nimmt mit einem grööeren Anteil an Bioenergie und Massivholzprodukten zu. Das Motto sollte also vereinfacht lauten: bauen und heizen mit Holz”, analysierte Lundmark.

Dringender politischer Handlungsbedarf

Die Nutzung von Biomasse für energetische Zwecke ist in Österreich eine Erfolgsgeschichte. “Innovative heimische Biowärmetechnologien sind weltweit das Maö der Dinge und seit vielen Jahren ein Exportschlager”, erklärte
Walter Haslinger, Geschäftsführer des Forschungsinstituts Bioenergy 2020+. “Die österreichische Wissenschaft und Forschung liefert mit vergleichsweise geringer öffentlicher Unterstützung weltweit anerkannte Spitzenergebnisse. Die Zwei-Bett- Wirbelschichtdampfvergasung ‚Made in Austria’ ist eine der erfolgversprechendsten Technologien zur Bereitstellung von Wärme, Strom und Syntheseprodukten weltweit – eine Schlüsseltechnologie für Bioökonomie und Energiewende.” Eine Vielzahl von Innovationen wurden von österreichischen Technologieanbietern am Markt umgesetzt. Sie sind die Grundlage für ihre Exporterfolge. Ermöglicht wurde dies auch durch einen attraktiven Heimmarkt: Die Biomasse-Nutzung wurde in den vergangenen Jahren kontinuierlich ausgebaut und stellt mit etwa 20% des Primärenergieverbrauchs die grööte heimische Energiequelle dar.

“Diese positiven Entwicklungen der Bioenergiebrache sind aber in der jüngsten Vergangenheit in Österreich fast gänzlich zum Stillstand gekommen”, erklärte Univ.-Prof. Hermann Hofbauer von der TU Wien, und begründete dies folgendermaöen: • Aufgrund zu geringer Forschungsmittel können nur ca. 15% der eingereichten Forschungs-Projekte durchgeführt werden. Von sieben eingereichten Projekten wird aus Geldmangel nur eines gefördert.
• Durch fehlende Nachfolgetarife im Ökostromgesetz für KWK-Anlagen auf Basis Biomasse und Biogas stehen funktionstüchtige Anlagen vor dem Aus.
• Durch die gezielte Absenkung des Ölpreises durch die OPEC werden massive Rückgänge von neu installierten Holzheizungen verzeichnet, was die heimische Kesselbranche massiv bedroht.

“Die Politik hat es verabsäumt, solide Rahmenbedingungen für eine gedeihliche Weiterentwicklung der Bioenergie zu schaffen und der Branche positive Zukunftsperspektiven sowie ein freundliches Investitions-Klima zu geben. Ohne Bioenergie werden die in Paris vereinbarten Klimaziele nicht erreichbar sein. Gleichzeitig läuft man Gefahr, Volksvermögen, das in die Förderung der Anlagen geflossen ist, nach und nach zu vernichten. Das von den Forschungsorganisationen und den Unternehmen aufgebaute Know-how droht in das Ausland abzuwandern. Es besteht dringender politischer Handlungsbedarf!”, so Hofbauer. Haslinger ergänzte: “Die heimische Politik hat die Vorteile der Bioenergie in zunehmendem Maöe vergessen. Für die Bioenergieforschung stehen zu geringe Mittel zur Verfügung, und der Wettbewerb um diese hat obszöne Ausmaöe angenommen, der wertvolle Humanressourcen vernichtet. Die Gestaltung vernünftiger Rahmenbedingungen für Investitionen in gewerbliche und industrielle Umsetzungsprojekte sowie die Stimulierung von Endkundenmärkten wurde verabsäumt. Den österreichischen Technologieanbietern wurde damit die wichtige Basis für einen funktionierenden Heimmarkt entzogen.”

- Werbung -
Vorheriger ArtikelAgrarexporte: mehr als zehn Mrd. Euro – Tendenz weiter steigend
Nächster ArtikelSchweinemarkt KW 04/2017: Preisgefüge wieder stabiler