Von florierender Nachfrage etwa nach neuen Traktoren oder Erntemaschinen ist derzeit keine Rede. Die Kauflust der Landwirte ist gering. Vor diesem Hintergrund öffnet in knapp einem Monat in Tulln die Austro Agrar erstmals seit sechs Jahren wieder ihre Pforten.
Angespannt ist die Lage derzeit in der Landmaschinenbranche. Große Hersteller von Traktoren, Pflügen, auch sonstigem Gerät melden Kurzarbeit und ähnliche Maßnahmen in ihren Fabriken, darunter Fendt, Claas, hierzulande auch Pöttinger oder zuletzt in Deutschland Lemken. Und in den Schauräumen oder auf den Fir-mengeländen so mancher Händler reihen sich Maschinen an Maschinen, während die Verkäufer auf potenzielle Kunden warten.
Dietrich: „Die Situation in der Landtechnik ist derzeit salopp gesagt nicht lustig.“
Die Situation in der Landtechnik ist derzeit „salopp gesagt nicht lustig“, weiß auch Rudolf Dietrich, Sprecher des Club Landtechnik Austria. Nach einem „Absatz-Hype“ vor drei Jahren ist die Landmaschinenbranche derzeit wieder auf Talfahrt.
Als langjähriger Insider der Branche – er war unter anderem Geschäftsführer von Deutz-Fahr Austria sowie später Generalimporteur von McCormick – analysiert Dietrich seit Langem die Landtechnik-Absatzzahlen. Aus der amtlichen Statistik der Neuanmeldungen von Traktoren oder Mähdreschern zeigt er zudem den enormen Strukturwandel in der Landwirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten auf.
Von mehr als 10.000 verkauften Traktoren wie noch in den 1980er-Jahren können Österreichs Händler heute nur träumen. 1990 wurden noch knapp 8.700 Traktoren in der Alpenrepublik gekauft, im Jahr des EU-Beitritts 1995 waren es knapp 6.300. Seither ging die Verkaufszahlenkurve mit wenigen Ausnahmen ständig bergab, vor etwa zehn Jahren auf unter 5.000 Traktoren pro Jahr bis 2023 auf 4.233 Traktoren über 50 PS.
Noch rasanter war in diesem Zeitraum der Verlust an Bauernhöfen. Zählte man 1995 österreichweit noch beinahe 240.000 Agrarbetriebe, so ist deren Anzahl bis 2022 auf knapp 155.000 gesunken. Deren Durchschnittsgröße betrug zur Jahrtausendwende rund 35 Hektar, mittlerweile sind es 45 (+29 %). Um diese schlagkräftig zu bewirtschaften, kaufen die Bauern immer stärkere Traktoren. Die PS-Zahl stieg im Durchschnitt laut Dietrich seit 2000 von 91 auf 141 PS.
Ebenso markant war die Entwicklung am Sektor Mähdrescher. Mehr als 400 dieser Erntemaschinen wurden noch in den 1980er-Jahren in Österreich verkauft. 165 waren es 1995. Mittlerweile hat sich deren Absatz auf um die 100 eingependelt, 2023 waren es 95, wenn auch überwiegend leistungsstarke Hightech-Drescher mit mehreren hundert PS und immer öfter Raupenantrieb.
2001 brachten Sonderinvestitionshilfen als Antwort auf die wirtschaftlichen Einbußen der Corona-Pandemie einen kurzen Aufschwung auch im Landmaschinenabsatz.
Von dem ist 2023 nichts mehr zu spüren. Bis einschließlich September hinkt der Traktorenabsatz um 8,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr hinterher. In Nachbarländern wie Italien und voraussichtlich in Deutschland dürften es am Ende des Jahres noch mehr sein, so Dietrich.
Viele Hersteller, Generalimporteure und im Hintergrund ihre Händler hoffen
nun auf November, wenn Österreichs mittlerweile laut Veranstalter größte Messe überhaupt, die „Austro Agrar Tulln“, nach sechs Jahren am 20. November wieder für vier Tage ihre Pforten öffnet. 2022 musste die Schau pandemiebedingt ihr vierjähriges Intervall unterbrechen. Wegen der Agritechnica 2023 ebenfalls im November wurde sie gleich um zwei Jahren verschoben. 320 Aussteller, Hersteller oder zumindest Generalimporteure zeigen ihre Neuheiten.
Strasser: „Bei uns vertreten ist die geballte Kompetenz, was neue Technologien anbelangt.“
Messedirektor Wolfgang Strasser lockt im Vorfeld: „Bei uns vertreten ist die geballte Kompetenz, was neue Technologien anbelangt.“ Nach erfolgreicher Auslagerung der Wein- und Obstbautechnik in die „Austro Vin“ präsentiert sich in Tulln heuer zudem auch die Stalltechnik.
Zu Geschäftsabschlüssen im großen Stil wie früher kommt es auf Messen heute nur noch eher selten. Davon profitieren in den Wochen danach die Landmaschinenhändler. Darauf hoffen diese heuer besonders. Ihre Zahl hat sich laut Dietrich verringert: laut seinen Erhebungen seit 2000 um knapp ein Drittel von 1.100 auf etwa 750.
Quelle: Messe Tulln
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